Träume realisieren, ohne abzuheben - oder vielleicht doch? 🚀 Wir alle haben sie: Träume, die uns antreiben, inspirieren und die unser Leben in einem besonderen Licht erscheinen lassen.
SUZANNA RANDALL STEHT FÜR DIE VERWIRKLICHUNG VON TRÄUMEN
Doch was passiert, wenn diese Träume auf den harten Boden der Tatsachen treffen? Suzanna Randall ist das perfekte Beispiel dafür, wie man große Träume verfolgen kann, ohne den Kontakt zur Realität zu verlieren. Als Astrophysikerin und eine der ersten Frauen in Deutschland, die zur Astronautin ausgebildet werden, beweist sie, dass man Visionen mit einem gesunden Pragmatismus verbinden kann – und dass der Weg zu den Sternen manchmal über spannende Umwege führt.
Wir haben uns mit Suzanna über Träume, die Realität, Visionen, Missionen und noch ein paar andere Dinge unterhalten. Herausgekommen ist ein sehr schönes und inspirierendes Gespräch, dessen Inhalt wir hier für euch zusammenfassen möchten. Also mach dir einen leckeren Tee, kuschel dich in deine Decke (woran erkennt man, dass dieser Blogartikel im November geschrieben wurde?) und träume mit uns von den Sternen.
Credit: ESO/P. Horálek
TRÄUME UND CHANCEN: „MAN SOLL DIE FESTE FEIERN, WIE SIE FALLEN.“
Suzanna Randall träumte schon als Kind von den Sternen. Sie wollte Astronautin werden. Eine Idee, die zunächst einmal niemand so wirklich ernst nahm. Weder andere noch sie selbst. Schließlich hat ja beinahe jedes Kind irgendwann einmal diese Astronauten-Phase. Nur: Normalerweise geht diese Phase auch wieder vorüber. Bei Suzanna jedoch verfestigte sich dieser anfangs unbefangene und kindliche Gedanke immer mehr. Als in ihrer Abi-Zeitung geschrieben wurde, dass sie die erste Frau auf dem Mars sein wird, war die häufigste Reaktion ein belustigtes Stirnrunzeln. Suzanna war eben diejenige, die „etwas anders ist als andere“. Doch das hat sie schon damals nicht weiter gestört.
Ihr Traum blieb ein fester Bestandteil ihres Lebens, auch wenn sie ihm nie verbissen nachgejagt hat. „Ich habe mein Ziel nie aus dem Blick verloren, aber auch nicht mein gesamtes Leben darauf ausgerichtet“, erklärt Suzanna. Für sie war es immer wichtiger, ihren Leidenschaften und Interessen zum jeweiligen Zeitpunkt nachzugehen. So studierte sie Astronomie und Astrophysik, forschte an der Europäischen Südsternwarte (ESO) mit dem Very Large Telescope in Chile und ist seit 2010 Wissenschaftlerin am europäischen ALMA-Regionalzentrum der ESO in München. Neben ihrer Tätigkeit als Wissenschaftlerin begeistert Suzanna als inspirierende Speakerin und moderiert spannende Wissenschaftssendungen wie Terra X.
All das führte sie schließlich zu einem Schlüsselmoment: Während einer Mittagspause entdeckte sie zufällig die Anzeige mit der Überschrift „Astronautin gesucht“ in einem Online-Magazin. Diese Chance ließ sie sich nicht entgehen – und heute ist sie eine von zwei Frauen in Deutschland, die in einem privaten Programm zur Astronautin ausgebildet werden.
Doch Suzanna ist sich bewusst: Der Weg ins Weltall ist voller Unsicherheiten. Ob sie jemals tatsächlich fliegen wird, steht in den Sternen. Für sie liegt die Kunst darin, auch mit dieser Ungewissheit zufrieden zu sein und das Leben im Hier und Jetzt zu genießen. „Wenn man alles nur auf ein einziges Ziel ausrichtet, ist die Gefahr groß, dass man das Leben verpasst“, sagt sie. Ihre Geschichte zeigt, dass Träume nicht immer stur und geradlinig verfolgt werden müssen – und manchmal sind die Umwege das Ziel.
Credit: A. Duro/ESO
KOMFORTZONE: DER SCHLÜSSEL ZU WACHSTUM UND SELBSTVERTRAUEN
Im Rahmen ihrer Ausbildung wird Suzanna regelmäßig herausgefordert, ihre Komfortzone zu verlassen und sich ihren Ängsten zu stellen. Wir haben sie gefragt, welche Ratschläge sie Frauen geben kann, die unsicher sind, wenn es darum geht, Neues auszuprobieren und unbekannte Wege zu gehen. Für Suzanna ist es wichtig, dass die Komfortzone immer wieder in relevanten Bereichen „gedehnt“ wird. „Wenn man seine Komfortzone nicht regelmäßig erweitert, wird sie immer kleiner“, erklärt sie. Ein Leben, das nur noch aus bekannten Abläufen besteht, engt uns irgendwann ein und nimmt uns die Chance, zu wachsen. Auch sie selbst hat viele solche Momente erlebt. Einer ihrer ersten Schritte aus der Komfortzone war erstaunlich simpel: allein ins Restaurant gehen. Für manche Menschen mag das eine Kleinigkeit sein, für Suzanna damals eine echte Herausforderung. „Ich hatte ein Buch dabei – ohne das hätte ich es nicht geschafft.“ Denn auch Suzanna kennt diese lästige Stimme im Kopf: „Was denken wohl andere Gäste über eine Frau, die allein hier ist? Hat sie denn keine Freunde?“ Dennoch stellte sie sich der Herausforderung – und merkte, wie wichtig solche kleinen Schritte sind, um das Selbstbewusstsein zu stärken.
Die Lektion: Kleine Herausforderungen machen große Abenteuer möglich. Wer etwa von einer Solo-Reise träumt, kann mit einem Restaurantbesuch oder einem Tagesausflug beginnen. Schritt für Schritt wird die Komfortzone größer – und mit ihr die Möglichkeiten.
Suzanna betont auch, wie wichtig es ist, sich von alten Rollenvorstellungen zu lösen. Frauen wird oft beigebracht, bescheiden zu sein, nicht aufzufallen und immer gefallen zu wollen. Sie selbst hat gelernt, dass es entscheidend ist, diesen Glaubenssatz zu hinterfragen und sich nicht von den Erwartungen anderer einschränken zu lassen. So stellt sie sich häufig selbst die Fragen:
- Was wäre der schlimmste Fall, wenn ich mich unbeliebt mache oder jemandem nicht gefalle?
- Wie werde ich mich fühlen, wenn ich hier meine eigenen Grenzen missachte?
Oft sind diese Ängste nämlich übertrieben und der Preis, den man für das eigene Wohlbefinden zahlt, viel höher als die Befürchtung, der Vorstellung anderer Menschen nicht zu entsprechen.
EINE FRAGE ANS UNIVERSUM
Als Wissenschaftlerin ist Suzanna daran gewöhnt, große Fragen zu stellen. Wir wollten wissen, welche Frage sie dem Universum stellen würde, wenn sie die Möglichkeit dazu hätte. Ihre Antwort ist sehr persönlich – und äußerst nachvollziehbar:
„Die Frage nach dem Warum. Warum bin ich hier?“
Denn – wie die meisten Menschen – beschäftigt auch Suzanna die Suche nach dem Sinn des Lebens. Eine endgültige Antwort darauf konnte sie bislang auch durch Wissenschaft und Forschung nicht finden. „Daher wäre es sehr hilfreich, wenn ich diese Frage ans Universum auslagern könnte“, lacht sie. Ja, da würden wir uns wohl anschließen …🪐
Fotos Suzanna Randall: Copyrights Claudia Krahne
VON DER SCHWERELOSIGKEIT ZUR ANTARKTIS: ABENTEUERLUST KENNT KEINE GRENZEN
Suzannas größter Traum ist es, als Astronautin ins Weltall zu fliegen. Doch was, wenn sie hier auf der Erde ein Abenteuer erleben könnte, das (annähernd) genauso aufregend ist? Auf unsere Frage hin, was sie tun würde, wenn sie mindestens einen Monat Zeit und unbegrenzte Ressourcen hätte, muss Suzanna nicht lange überlegen: Sie würde in die Antarktis reisen. Mit einem kleinen Eisbrecher die unberührte Wildnis dieses Kontinents erkunden – eine der letzten Regionen der Erde, die weitestgehend fernab menschlicher Zivilisation liegt.
Besonders faszinierend ist für Suzanna der Gedanke, so weit von der modernen Welt entfernt zu sein wie nur möglich. Zudem reizt sie die Vorstellung, einmal das Eistauchen auszuprobieren – eine Erfahrung, die sie bisher noch nie gemacht hat. Doch Suzannas Motivation ist nicht nur Abenteuerlust. Sie sieht die Antarktis auch als Symbol für die fragile Balance der Natur. Denn trotz ihrer Abgeschiedenheit bleibt auch dieser Kontinent nicht von den Auswirkungen der menschlichen Zivilisation verschont: Schmelzende Gletscher, zurückweichendes Schelfeis und sich wandelnde Ökosysteme sind ein klares Zeichen für den Klimawandel. Daher würde Suzanna diese Region gerne noch erkunden, bevor sie in ihrer jetzigen Form nicht mehr existiert.
MISSION UND VISION: NACHHALTIGKEIT UND FEMALE EMPOWERMENT
Die Ausbildung zur Astronautin ist für Suzanna weit mehr als ein persönliches Abenteuer. Sie versteht ihre Rolle als Wissenschaftlerin und angehende Raumfahrerin auch als wertvolle Plattform, um weibliche Vorbilder in den Naturwissenschaften sichtbarer zu machen. Mit ihrem Engagement in der Astronomie und Weltraumforschung möchte sie Mädchen und Frauen dazu ermutigen, selbstbewusst ihren Weg in die Wissenschaft zu finden – ein Bereich, der oft noch als männlich dominiert wahrgenommen wird. Durch ihre eigene Sichtbarkeit zeigt Suzanna, dass auch Frauen in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) eine bedeutende Rolle spielen und große Träume verwirklichen können.
Ein weiteres Anliegen von Suzanna ist der Zusammenhalt unter Frauen. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Insa möchte sie die kommerzielle Raumfahrt voranbringen und macht deutlich, dass Teamarbeit und gegenseitige Unterstützung eine große Rolle spielen. Suzanna betont, dass sie und ihre Kollegin keine Konkurrentinnen sind, sondern als Teamplayer gemeinsam weiterkommen.
In den Medien wird Frauen häufig ein konkurrierendes Verhalten zugeschrieben – Begriffe wie „Zickenkrieg“ sind immer noch fest verankert. Suzanna aber hat in ihrer beruflichen Karriere das Gegenteil erfahren:
Frauen unterstützen sich, erkennen gegenseitig ihre Schwächen an und ermutigen sich, auch in schwierigen Situationen durchzuhalten. Für Suzanna ist dieser Zusammenhalt unter Frauen eine Art Superkraft. Sie glaubt, dass Frauen oft ein ganzheitliches Denken und eine ausgeprägte Empathie mitbringen, die ihnen erlaubt, die Perspektive anderer einzunehmen und auf einer tiefen Ebene zu kooperieren. Diese Fähigkeiten fördern den „Female Support“ – eine Gemeinschaft, in der Frauen sich gegenseitig inspirieren, stärken und ermutigen. In Suzannas Augen ist dies eine unverzichtbare Qualität, die Frauen auch in männergeprägten Berufsfeldern wie der Raumfahrt eine besondere Bedeutung verleiht.
Nicht minder relevant ist für Suzanna das Thema Nachhaltigkeit. Sie und Insa wollen zeigen, dass Raumfahrt und Umweltschutz Hand in Hand gehen können. Sie experimentieren mit pflanzenbasierter Ernährung, um zu beweisen, dass Astronautennahrung auch ohne tierische Produkte funktioniert. „Eine pflanzenbasierte Ernährung kann so viel bewirken – auf der Erde und vielleicht sogar im All“, sagt Suzanna. Für sie ist das ein Beispiel dafür, wie kleine Änderungen große Wirkung haben können. 💫
UND WAS NEHMEN WIR DARAUS MIT?
Na klar, ein Fazit darf nicht fehlen. Schließlich brauchen wir alle ab und zu diese kleinen Denkanstöße fürs Leben!
Suzanna Randalls Geschichte zeigt uns vor allem eines: Träume sind nicht dazu da, perfekt geplant oder bis ins letzte Detail durchkalkuliert zu sein. Sie sind eher wie eine Landkarte, die uns eine Richtung vorgibt – doch der Weg selbst darf ruhig auch mal kurvig, chaotisch oder völlig unvorhersehbar sein.
Außerdem zeigt sie, dass es möglich ist, große Träume zu haben, ohne völlig „abzuheben“ (auch wenn das letztendlich das Ziel ist🚀).
Suzanna verfolgt ihren Traum, Astronautin zu werden, mit Leidenschaft – aber auch mit Pragmatismus. Sie weiß, dass sie nicht alles kontrollieren kann, und das ist in Ordnung. Wichtig ist, die Chancen zu nutzen, die sich bieten, und das Beste aus jeder Situation zu machen.
Für Frauen, die eigene Träume verfolgen wollen, hat Suzanna eine klare Botschaft:
ES IST NIE ZU SPÄT, NEUE WEGE ZU GEHEN.
Dabei geht es nicht darum, alles zu erreichen. Manches ist einfach nicht (mehr) möglich, wie zum Beispiel der Übergang von der Amateurin zur Profi-Sportlerin in einem bestimmten Alter. Vielmehr geht es darum, das zu tun, was einem wirklich wichtig ist und am Herzen liegt. Und auch wenn man nach den Sternen greift, sollte man nie vergessen, den Boden unter den Füßen zu spüren und das Leben im Hier und Jetzt zu genießen. Denn am Ende ist das Leben eine Mischung aus großen Träumen und kleinen Momenten. Und beide sind es wert, voll ausgekostet zu werden.
Egal ob als Wissenschaftlerin, Speakerin oder Moderatorin – Suzanna Randall inspiriert mit ihrer Leidenschaft für das Universum und ihre Mission, Wissenschaft greifbar zu machen. Wenn du nun neugierig geworden bist und mehr über ihre Projekte, spannenden Auftritte und Visionen erfahren möchtest, schau unbedingt auf ihrer Webseite www.astrosuzanna.de vorbei und lass dich begeistern!
Die Sterne sind näher, als du denkst.
Atacama-Wüste Chile – einer von Suzannas Forschungsstandorten
Credit: ESO/C. Malin (christophmalin.com); A. Duro/ESO; P. Horálek/ESO; Clem & Adri Bacri-Normier (wingsforscience.com)/ESO;