Wie du dein Motorrad nach Afrika verschiffst und als Frau allein dein Abenteuer startest

Frauen fahren Motorrad

Es gibt sicher ein paar Optionen: Per Flieger? Schiff? Selbst hinfahren? In diesem Artikel erklärt euch Jenny wie sie ihr eigenes Motorrad nach Namibia verschifft hat, um von dort ihre Solo-Motorradreise durch das südliche Afrika zu starten.

WIE ALLES BEGANN

Im Jahr 2022 war es post-COVID nicht ganz leicht ein Unternehmen zu finden, das Fahrzeuge für Privatpersonen von Land A nach Land B transportiert. Begründet wurde dies mit der Containerknappheit nachdem durch die Pandemie die Wirtschaft zum Erliegen kam und viele Container in China „feststeckten“. 

Ich hatte eine Weile zuvor mit meinem Arbeitgeber ein Sabbatjahr vereinbart, das ich vollständig in Afrika verbringen wollte. Aber nicht irgendwie. Ich träumte davon, das Land eigenständig auf 2 Rädern zu bereisen und so von einem Ort in den nächsten zu gelangen.

Natürlich bedurfte dies einiger Vorplanung, Überlegungen und Recherche.

  • Wo will ich starten?
  • Wo kann ich überhaupt starten?
  • Was brauche ich dafür?
  • Und wie bekomme ich mein Fahrzeug nach Afrika?

 

WO FINDE ICH DAZU INFORMATIONEN UND WAS HEISST DAS DANN PRAKTISCH?

Allen voran vertiefte ich mein Wissen über meine weiblichen Social-Media Vorbilder Itchy Boots und Onherbike und fand sehr wertvolle Hinweise auf ihren Webseiten und YouTube-Kanälen.

Natürlich gibt es auch jede Menge anderer Quellen, aber im Endeffekt muss man sich selbst viele Puzzleteile zusammensuchen.

Als allererstes googelte ich „Motorrad nach Afrika verschiffen“. Viele Speditionen taten sich auf, die jedoch nur kommerziell handeln und keinesfalls kleine Einzelaufträge von Privatpersonen entgegennehmen. Fast nirgends fand ich einen persönlichen Ansprechpartner, der mir mit meinem Anliegen weiterhelfen konnte. Viele automatisierte Antworten mit dem Hinweis, dass es für Privatpersonen eben nicht möglich sei ein Fahrzeug zu verschiffen.

Etwas entmutigt stöberte ich in Facebook Gruppen zum Thema „Overlanding“, fand einige wertvolle Posts und entschloss mich, mein Glück mit einer eigenen Frage in eine dieser Gruppen zu versuchen. Ich erkundigte mich also bei der Overlanding- und Motorrad-Community nach einem Tipp zu einer Spedition. Und siehe da, ich wurde fündig. Ich bekam den Kontakt einer Schweizer Firma und versendete direkt meine E-Mail-Anfrage.

Noch innerhalb des selben Tages bekam ich eine Antwort von Herr Bianco und noch dazu persönlich. Keine automatisierte E-Mail. Ein echter menschlicher Ansprechpartner. Ich bekam auf Wunsch direkt einen Anruf, mir wurde alles zum Thema Verschiffung eines einzelnen privaten Motorrades erläutert, welche Häfen in Frage kommen, wie sich die Preise unterscheiden, warum nach COVID auf einmal alles 2,5-fach so teuer ist und wie man ein Motorrad richtig verpackt…

Mir fielen im Nachgang noch sehr viele Fragen ein und auch die wurden mir geduldig beantwortet.


WIE VERSCHIFFT MAN NUN EIN MOTORRAD?

Nachdem klar war, welcher Hafen am ehesten kostengünstig aus Deutschland oder den Niederlanden aus angesteuert werden kann, entschied ich mich dazu, mein Motorrad von Hamburg nach Walvis Bay in Namibia zu versenden und zusätzlich mit der Option es weiter bis nach Windhoek zu schicken. Warum das? Walvis Bay liegt am Meer, ganz klar, die Stadt hat einen Hafen. Um 30 Tage später zu meinem Motorrad zu gelangen, landete ich aber mit meinem internationalen Flug zunächst in Windhoek, der Hauptstadt Namibias. Mitten im Land. Es war also eine deutliche Erleichterung es genau dort auch in Empfang nehmen zu können.

Ich gab also bei der Spedition frühzeitig mein Wunschdatum an (bestimmt 8 Monate zuvor). Man sagte mir, ich müsse Geduld mitbringen. Ich werde lange nichts hören und es sei auch nicht garantiert, dass man einen Platz auf dem Schiff zum Wunschzeitraum bekäme und wisse aufgrund der Pandemieunsicherheiten auch nicht, ob die Schiffe wirklich ausfahren werden.

Man versicherte mir auch, dass man alle Augen und Ohren offen hält, um ggf. andere Privatpersonen, die ebenfalls zur gleichen Zeit verschiffen wollen, mit mir zusammenzubringen. Hätte es z.B. zur gleichen Zeit eine Verschiffung eines Geländewagens gegeben und der Container hätte noch Platz für ein Motorrad gehabt, hätte man sich anteilig an den Kosten des gesamten Containers beteiligen können, um die ganze Angelegenheit günstiger zu machen.

Leider gehörte ich nicht zu den Glücklichen. Durch die anhaltende Pandemie gab es wenig Reisende, sowohl beim Thema Overlanding als auch beim ganz normalen Tourismus. Ich biss also in den sauren Apfel und musste die teurere Variante nehmen. Dennoch hielt ich es so günstig wie möglich, wählte den Sammeltransport mit anderen Waren zusammen und sicherte zu, dass Motorrad selbstständig nach Hamburg zu bringen.


ZU DEN HARTEN FAKTEN EINER VERSCHIFFUNG

Um euch vorab eine Übersicht zu geben, habe ich hier einmal grob ein paar Fakten zum Thema Verschiffung zusammengestellt, die vorab eine Übersicht bieten, an was man alles denken muss.

  • Von Hamburg bis nach Walvis Bay dauert es ca. 30 Tage mit dem Schiff. Dementsprechend muss man seinen Flug planen, wenn man dem Motorrad hinterherfliegt.

  • Ein Motorrad wird am Zielort nicht unbedingt sofort vom Zoll frei gegeben. Auch hier sollte man extra Zeit einplanen und ggf. Kosten, die durch Standgebühren entstehen (aber Afrika ist da glücklicherweise entspannt).

  • Der Motorradtank darf zum Zeitpunkt der Verschiffung nur noch ganz minimal Treibstoff enthalten.

  • Man kann sich für einen Einzel- oder Sammeltransport entscheiden. Es bestehen Unterschiede im Preis.

  • Ein Fahrzeug kann im Container verschifft werden oder per RORO-Verfahren (Roll-On/Roll-Off). Auch hier gibt es preisliche Unterschiede. Hiernach entscheidet sich auch, wie es verpackt werden wird.

  • Man schließt eine Transportversicherung ab, direkt mit der Spedition

  • Man kann das Motorrad voll bepacken. Man benötigt aber eine Packliste, die man beim Zoll mitabgeben muss und zwar auf Englisch

  • Wichtig ist der Carnet de Passage. Diesen benötigt man, um Ländergrenzen passieren zu können. Es ist ein internationales Zolldokument, das eine vorübergehende, zollfreie Einfuhr eines Motorfahrzeuges in verschiedenen Ländern der Welt erlaubt. Einen Carnet de Passage bekommt man z.B. beim ADAC.

  • Der Carnet de Passage erfordert die Hinterlegung einer Kaution für dein Fahrzeug, welche sich am Fahrzeugwert orientiert. Auch diese Kosten muss man einplanen.

  • Das eigene Motorrad muss zum Ablegehafen. Am günstigen ist es, wenn man sein Motorrad selbst bis zum Hafen fährt.

  • Man gibt dort beim Hafenmitarbeiter seine Schlüssel mit ab und die Papiere – man muss Vertrauen haben.

  • Erst nach erfolgreichem Start des ganzen Verschiffungs-Prozedere tätigt man die Zahlung des Transports. Das Motorrad ist dann also schon auf dem Ozean unterwegs.

  • Teilweise bieten die Speditionen Links, so dass man mitverfolgen kann, wo sich das Motorrad gerade befindet.

  • Die Kosten damals im Jahr 2022 lagen inkl. Versicherung bei knapp über 2.000€ für eine Einzel-Strecke. Die Strecke zurück von Kapstadt nach Rotterdam lag bei ca. 2.500€



FEBRUAR, REGEN, VON DÜSSELDORF NACH HAMBURG

Mein Motorrad sollte Anfang März Hamburg verlassen, um sich auf den Weg nach Namibia zu machen. Ich fuhr meine Maschine also im Februar aus Düsseldorf hoch zum Hafen in Hamburg. Da es doch recht kalt war, machte ich einen Zwischenstopp bei meiner Schwester in Münster.

Meine damals noch „Bessere Hälfte“ hat mich glücklicherweise mit dem Auto begleitet und meine Motorradtaschen transportiert. So war der Weg von Münster nach Hamburg nicht ganz so schlimm.

Wir hatten Stopps mit warmem Tee und Snacks.

Die letzten 1,5h nach Hamburg hatten es dann aber doch in sich. Ziemlich festgefroren und nass bis auf die Unterhose kam ich am Hotel in Hamburg an. Aber es war geschafft.

Am nächsten Morgen sollte ich am Hafen sein. Die Voraussetzung, dass ich meinen Tank leer haben muss, hatte ich gerade so abgepasst. Etwas zu viel war noch drin und ich versuchte es mit einem Schlauch rauszusaugen. Das war ganz furchtbar. Es hat nicht so funktioniert, wie ich es mir dachte, aber meine Royal Enfield zeigte am Hafen zum Glück „E“ an – für empty.

Voll beladen mit zwei Seitentaschen gab ich sie in die Hände der Hafenmitarbeiter, gab meinen Schlüssel und den Carnet de Passage ab und machte mich auf den Weg nach Hause.


ABER WAS HATTE ICH EIGENTLICH ALLES EINGEPACKT UND WAS WAREN MEINE GRÖSSTEN PACKFEHLER?

Sehr deutsch wie ich bin, hatte ich versucht an alles zu denken, von Ersatzteilen, über Benzin, Werkzeug, Wasserblasen, Camping-Ausrüstung und Kameraequipment.

Viel zu viel….

Ich hatte mich ja für die südlichen Länder Afrikas entschieden: Namibia, Botswana, Südafrika und Mosambik. Zumindest die ersten drei Länder mit guter Infrastruktur, genügend Tankstellen, Trinkwasser und Nahrungsmitteln.

Das erste Material, von dem ich mich verabschiedet hatte war: Campingausrüstung.
Ich bin am Ende doch nicht der Camping-Typ. Nach meiner ersten Nacht Camping und 8h Fahrt zuvor, war ich so kaputt und es kostete mich viel Mühe alles aufzubauen, zu kochen und am nächsten Tag wieder einzupacken, dass ich meine Ausrüstung an einen anderen Camper verschenkt habe.
Mit 38 machte mir dann auch der harte Untergrund zu schaffen. Ich brauchte doch eher Betten.

Also stieg ich um auf kleine Gasthäuser oder Camping-Anbieter mit kleinen Bungalows. Das war genau richtig für mich! Kochen konnte ich dort trotzdem. Nur eben nicht auf dem Camping-Kocher.

Was hatte ich noch so dabei: Wasserblasen à 4 Liter und 6 Liter.
Um für jeden Fall gerüstet zu sein und immer etwas zu trinken zu haben, habe ich vorsorglich ein 10-Liter Wasser-Reservoir eingepackt. Für die Route und Länder viel zu viel. 2 Liter hätten auch gereicht plus Trinkflasche. Die Wasserblase war jedoch an sich sehr praktisch, weil man leicht an vielen Ecken und Unterkünften kostenlos Wasser nachfüllen konnte. In dem Fall ungefiltert, es war immer sauber und trinkbar. Ich hatte nie Darmprobleme. Noch dazu passte die Wasserblase aufgrund der flachen Form gut in meine Seitentasche auf dem Motorrad.

Schnick-Schnack nach Hause gesendet
Als ich vor Ort in Windhoek nochmal mein Gepäck betrachtet habe, hatte ich nochmal alles umgepackt und unnötige Dinge wie extra Kleidung und doppelte Gegenstände nach Hause gesendet.

Packt wirklich nur das Nötigste ein und ein Set an Kleidung pro Witterungsbedingung. Besser im Camp waschen lassen. Ist günstig und geht schnell. Versenden nach Hause ist wahnsinnig teuer. Ich hätte die Dinge besser verschenken sollen…

Werkzeug: Man sollte in der Lage sein dieses zu benutzen
In Deutschland hatte ich noch einen Reifenwechselkurs mitgemacht und mir von meinem Motorradhändler alles Mögliche zu Ersatzteilen erklären lassen. Der Reifenwechsel nur mit Montiereisen ist körperlich eine Herausforderung und hätte mir am Ende nicht geholfen, da ich es nur einmal gemacht habe. Ich hätte aus meiner Sicht auf ein paar Werkzeuge verzichten können, da ich nicht in der Lage war, es selbst zu managen. Aber es ist sicher gut, etwas dabei zu haben, denn man bekommt auf offener Straße durchaus wirklich schnell fremde Hilfe.

Fazit:

  • Platz in den Seitentaschen lassen für Snacks, Coca-Cola, Zigaretten und Leckereien, die man in Polizeikontrollen gut brauchen kann
  • 1 kleiner bis mittlerer Softbag für Klamotten und Toilettenartikel
  • Werkzeug und Ersatzteile wie Ölfilter, Schläuche, Motor-Öl zum Nachfüllen und Kettenspray müssen in den Seitentaschen Platz finden.
  • Kleiner Tankrucksack für Mobiltelefon, Papiere, Wertsachen, Karten
  • Navigation und Karten-Apps auf das Mobiltelefon laden!



ANKUNFT IN NAMIBIA

30 Tage nachdem ich mein Motorrad am Hafen Hamburg abgegeben hatte, landete ich am 01. April 2022 in Windhoek. Mein Motorrad war natürlich noch nicht aus dem Zoll raus und ich musste weitere 10 Tage warten, bis ich es abholen konnte. In der Zeit lernte ich Windhoek kennen und ein paar sehr nette Menschen im Hostel.

Aber dann ging alles bei der Abholung ganz leicht. Mit mir zusammen wurde mein Motorrad ausgepackt, die Schlüssel und Papiere wurden mir übergeben und ich durfte losfahren. Es sprang sogar an! Mein erster Stopp war die Tankstelle. Und der Rest der Reise hat Potential für einen weiteren Blogartikel.


WAS HAT ES MIT COCA-COLA UND ZIGARETTEN AUF SICH?

Ich bin Nicht-Raucher. Mein Vater war starker Raucher und ist leider kurz vor meiner Abreise verstorben. In seiner Wohnung hatte er hunderte Zigarettenpackungen gehortet. Ein paar von diesen Packungen habe ich mit nach Afrika genommen. Der erste Einsatz dieser Zigaretten kam an meinem ersten Polizeistopp.

Mitten in der Walachei auf einer endlos geraden Straße in Namibia kam plötzlich ein Stoppschild. Aber es gab keine Kreuzung, nichts. Ich sah auch weit und breit niemanden. Ich stoppte als nicht, das erschloss sich mir als Regel nicht. Ich wurde nur etwas langsamer. Und dann war es auch so weit: Aus dem Schatten der Bäume kurz hinter dem Stoppschild kamen 2 Polizisten hervor und hielten mich an.

Sie winkten mich zurück und ich musste rückwärts „kriechend“ mit meinem Motorrad zurückgerollt kommen und dachte mir: „Oh Mist!“.

Die Polizisten waren sehr freundlich und belustigt. Nur einer von ihnen redete mit mir und schwenkte dabei immer lächelnd seinen Zettel und Stift, ohne aber etwas aufzuschreiben. Ich wurde darauf hingewiesen, dass ich am Stoppschild nicht gestoppt hätte und dass dies eine 100€ Strafe bedeutet.

Ich versuchte entschuldigend zu sagen, dass es mein erster Tag in Namibia sei und es mir wirklich leid täte, aber ich auch niemanden gesehen hätte und deswegen langsamer geworden wäre, aber eben nicht gestoppt hätte. Man möge mich doch bitte weiterziehen lassen…

Ich wurde nach meinem internationalen Führerschein gefragt und wieder auf die Straftat des Nicht-Anhaltens hingewiesen. Wieder schwenkte der Polizist seinen Zettel und Stift ohne etwas aufzuschreiben und lächelte mich immer an. Er sagte wortwörtlich: Er möge mir doch nicht den ersten Tag in Namibia mit einer Geldstrafe ruinieren wollen….

So ging das Spiel einige Minuten hin und her und irgendwann dachte ich mir. Ob ich wohl mit einem Zigarettenangebot meiner Strafe entgehen kann?

Ich jammerte und bettelte noch etwas, mir bitte keine Strafe zu geben. Im selben Atemzug fragte ich die Herren, ob sie rauchen würden. Sie bejahten dies und legten Zettel und Stift beiseite. Da war der Hinweis für mich, dass es funktionieren kann.

„Kann ich euch je eine Zigarettenpackung und ein Feuerzeug anbieten?“
„Ja gerne.“ War die Antwort. „Hab eine gute Fahrt weiterhin.“

Ich amüsierte mich noch eine Weile über diese Situation auf meiner Weiterfahrt und entging so der 100€ Strafe.


ALLEIN LOSZIEHEN ODER DOCH BESSER EINE ORGANISIERTE TOUR?

Wem das Solo-Abenteuer fürs Erste zu herausfordernd erscheint, dem kann ich eines sagen: Ich habe mir in die Hose gemacht vor und während dieses Abenteuers! Aber ich habe es trotzdem gemacht und durchgezogen. Denn nur so verlässt man seine Komfortzone und wächst!

Wem der erste Schritt in einer Gruppe dennoch leichter fällt: Wir bieten organisierte Motorradtouren nur für Frauen an und haben unseren Fokus auf Afrika gelegt! Schaut mal in unserem Female Riders Menü vorbei. Neben Namibia und Tunesien wird unser Angebot für Frauen-Motorradreisen noch wachsen.

Motorrad im Zoll
Grenzübergang Namibia
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